Die derzeit teilweise sehr günstigen Bedingungen für Kreditkarten könnten sich bald verschlechtern. Denn ein von der EU-Kommission angenommener Vorschlag sieht eine neue Gebührenregelung vor, die sich vorteilhaft auf die Gesamtheit aller Verbraucher, aber nachteilig auf die Karteninhaber auswirken könnte.
Dreh- und Angelpunkt der derzeit von vielen Zeitschriften und Finanzportalen aufgegriffenen Diskussion ist ein vor Kurzem von der EU-Kommission in Brüssel angenommener Legislativvorschlag. Sofern die EU-Mitgliedstaaten und das EU-Parlament den von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier und vom Vizepräsidenten der EU-Kommission Joaquin Almunia erarbeiteten Plänen zustimmen, werden zukünftig die sogenannten Interbankentgelte gedeckelt.
Die strittigen Interbankenentgelte
Diese Gebühren sind bei jeder Kartenzahlung von der Bank des Händlers an die Bank des Kunden zu zahlen und derzeit innerhalb der EU unterschiedlich hoch. In der Spitze machen sie bis zu 1,8 % des Transaktionsbetrages aus. Bei den Debitkarten (Girokarten) reicht die Spanne innerhalb der EU von 0,1% in Dänemark bis zu 1,6% in Polen, bei den Kreditkarten von 0,6% in Frankreich bis zu 1,8% in Deutschland. Diese sogenannten Interbankenentgelte sollen nach den Plänen der EU bei 0,3% für Kreditkarten respektive 0,2% für Debitkarten gedeckelt werden. Die Deckelung bei den Debitkarten würde deutsche Verbraucher nicht betreffen, da bei uns in diesem Bereich schon jetzt eine andere, niedrigere Gebührenregelung gilt. Doch niedrigere Interbankengebühren für Kreditkartenumsätze würden sich auch in Deutschland auf die Kreditkartenunternehmen und die Banken negativ auswirken. Medienberichten zufolge würden die bisher in der EU für den Kreditkarteneinsatz anfallenden Interbankengebühren von 5,7 Mrd. Euro pro Jahr fast halbiert werden. Die EU-Kommission erhofft sich durch die neue Regelung sinkende Händlerpreise und eine höhere Transparenz.
Mögliche negative Folgen der geplanten Neuregelung
Doch die zum Vorteil der europäischen Verbraucher und der Händler gedachte Neuregelung könnte sich für die Karteninhaber negativ auswirken. Denn es ist zu erwarten, dass die Kreditkartenunternehmen und Banken die entfallenden Beträge zulasten der Kartengebühren oder der oft angebotenen Produktvorteile und/oder Incentives wieder ausgleichen werden. MasterCard hat einem Bericht der SZ zufolge bereits errechnet, dass die Gebühren einer Kreditkarte um 29 Euro pro Jahr steigen müssten, um die Verluste aufzufangen. Bisher sind rund 20 Prozent aller Kreditkarten dauerhaft kostenlos, weitere 21 Prozent im ersten Jahr beitragsfrei. Bei den restlichen 57 Prozent liegen die teilweise bei ausreichenden Kartenumsätzen erstatteten Kosten in der Regel zwischen 20 und 40 Euro pro Jahr.
Ist eine kostenlose Kreditkarte tatsächlich kostenlos?
So mancher Verbraucher wird sich schon die Frage gestellt haben, wie es möglich ist, dass durch eine kostenlose Kreditkarte eine gebührenfreie Zahlung möglich ist, denn Kosten fallen ja definitiv an. Noch unerklärlicher ist auf den ersten Blick die von diversen Kartenanbietern gewohnte Praxis, durch ein zinsloses Zahlungsziel von bis zu zwei Monaten einen faktisch zinslosen Kleinkredit anzubieten. Da bei den Händlern keine erhöhten Preise bei Kartenzahlungen gelten, müssen die tatsächlich ja entstehenden Kosten irgendwie anders aufgefangen werden. Zudem darf davon ausgegangen werden, dass Kreditkartenunternehmen und Kreditkartenanbieter keine karitative Idee verfolgen, sondern an den Produkten verdienen wollen.
Und das tun sie auch in ausreichendem Maße, jedoch nicht in vollem Umfang zulasten der Karteninhaber, sondern auch zulasten aller Verbraucher. Denn für jede Kartenzahlung muss die Bank des Händlers an die Bank des Kunden die sogenannten Interbankengebühren zahlen. Diese Gebühren, die zum Teil an die Kreditkartenunternehmen weiterfließen, werden dem Händler weiterbelastet, der einen kalkulatorischen Gegenposten auf alle Preise umlegt. Mit anderen Worten: Den Vorteil, den Karteninhaber durch die kostenlose Kreditkarte, den zinslosen Kleinkredit, die wertvollen Incentives oder Anreizprogramme wie kostenlose Flugmeilen erhalten, müssen alle Verbraucher mitbezahlen.
Bringt die neue Regelung den Verbrauchern tatsächlich Vorteile?
Damit soll bald Schluss sein. Durch einheitliche Gebühren in der gesamtem EU-Zone auf einem deutlich geringeren als dem deutschen Niveau sollen die Einzelhändler in die Lage versetzt werden, ihre Preise zum Vorteil aller Verbraucher zu senken. Ob sie das dann aber auch tun werden, bleibt allerdings dahingestellt.
Vorgesehen ist zunächst eine Deckelung der Gebühren bei grenzüberschreitenden Zahlungen. Nach einer Übergangsfrist von 22 Monaten sollen die Gebührenobergrenzen dann auch für inländische Zahlungen gelten. Die Kartenunternehmen VISA und MasterCard, die etwa 97 Prozent der Kreditkarten herausgeben, sollen der vorgesehenen Deckel schon zugestimmt haben, Medienberichten zufolge aber unter Androhung höherer Kartengebühren.
Sollten die Händler die zukünftig geringeren Gebühren nichts als Preisvorteil an ihre Kunden weitergeben, können Kreditkarteninhaber durch die neue Regelung doppelt zur Kasse gebeten werden. Doch bis dahin wird noch einige Zeit vergehen; bis zur Zustimmung des Vorschlages durch das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten werden etwa zwei Jahre veranschlagt. Danach würde im Inland die 22-monatige Übergangsfrist gelten. Somit werden uns die kostenlose Kreditkarte wie auch der zinslose Kleinkredit auf manchem Kreditkartenkonto noch etwa vier Jahre erhalten bleiben.
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